Es hat lange, ja fast schon zu lange gedauert, bis in unserer Branche die Dramatik des herrschenden Fahrlehrermangels erkannt wurde. Zu sehr waren manche noch von der Zeit geprägt, als Fahrschulen in teils ruinösem Wettbewerb um Fahrschüler kämpften. Doch in kürzester Zeit hat sich das Blatt gewendet. Vielerorts konkurrieren Fahrschulen heute angesichts von Vollauslastung nicht mehr um Fahrschüler, sondern vielmehr um Fahrlehrer. Während die Zahl an Fahrerlaubnisprüfungen in den letzten Jahren wieder zugenommen hat, sinkt dagegen die Zahl an Fahrlehrern stetig und quasi täglich verschärft sich die Situation.

Dies ist allerdings kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken, sondern vielmehr Anlass die Ärmel hochzukrempeln. Jetzt, da alle maßgeblichen Verbände und Vertreter der Branche den Ernst der Lage begriffen haben, gilt es, gemeinsam Maßnahmen zu ergreifen, um das Problem zu lösen. Als Anregung seien sieben Thesen hier in die Diskussion eingebracht:

1. Neues Fahrlehrerrecht ist kein Allheilmittel

Wer glaubt, dass die Änderungen in der Fahrlehrerausbildung ab dem 1. Januar 2018 alle Probleme lösen werden, irrt gewaltig. Gewiss wurden mit dem Verzicht auf die Erfordernis der Fahrerlaubnisklassen A und CE die Hürden für eine Fahrlehrerausbildung gesenkt. Das mag für manche ein wichtiges Argument sein, sich auf eine Ausbildung zum Fahrlehrer einzulassen. Doch es ist und bleibt ein Umschulungsberuf, dessen Ausbildung mit enormen Kosten und großen zeitlichen Belastungen sowie schwierigen Prüfungen verbunden ist. Allein durch die verlängerte Kursdauer steigen auch die Kursgebühren, was einen Teil der eingesparten Führerscheinkosten auffrisst. Gleichwohl steht zu erwarten, dass die Zahl der Ausbildungen aufgrund der rechtlichen Änderungen maßvoll ansteigen wird. Doch es ist sicher kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen. Denn selbst wenn man es schaffte, rund 300 Fahrlehrer mehr pro Jahr auszubilden, was durchaus optimistisch kalkuliert ist, wäre das nur ein Anfang, um dem Problem Herr zu werden, vor allem wenn man bedenkt, dass schon bald fast die Hälfte der Fahrlehrerschaft über 55 Jahre alt ist. 

2. Fahrschule zahlt Ausbildung

Wer wirklich neues und qualifiziertes Personal gewinnen möchte, wird nicht umhin kommen, sich an den Ausbildungskosten zu beteiligen. Öffentliche Kostenträger wie Arbeitsagenturen, Jobcenter oder Rentenversicherungsträger werden angesichts einer quasi vorhandenen Vollbeschäftigung in Deutschland kaum in großem Stil beginnen, teure Fahrlehrerausbildungen zu finanzieren. Schließlich gibt es günstigere Wege, Menschen wieder dem Arbeitsmarkt zuzuführen. Potenzielle Fahrlehrer hingegen haben oft nicht die finanziellen Mittel, selbst die Kosten komplett zu tragen. Dann bleiben am Schluss nur die Fahrschulen, die beispielsweise in Kombination mit Programmen wie dem Aufstiegs-BAföG ihren Beitrag leisten müssen, um die finanziellen Hürden zu senken.

3. Rückrufaktion Fahrlehrer starten

Vergleicht man die Zahl bestehender Fahrlehrerlaubnisse mit den Zahlen der tatsächlich aktiven Fahrlehrer ergibt sich eine beachtliche Anzahl von rund 12000 Fahrlehrerscheinen, von denen aktuell kein Gebrauch gemacht wird. Würde man nur jeden zehnten in den Beruf zurückholen können, wären wir einen großen Schritt weiter. Dazu müssen Verbände, Vertreter der Branche und die Fahrschulen selbst eine Kampagne auf den Weg bringen, mit der es gelingt, ehemalige Fahrlehrer wieder für unseren Beruf zu gewinnen.

4. Gutes Gehalt allein reicht nicht aus

Wer einem angestellten Fahrlehrer heute nicht einmal ein jährliches Gehalt von 30 000 € bezahlt, braucht sich nicht wundern, wenn die Fahrlehrersuche erfolglos bleibt. Denn längst bezahlen gute Fahrschulen schon beim Einstieg in den Beruf 14€ pro Fahrstunde, was dann je nach Klasse, Betriebszugehörigkeit und weiteren Parametern zum Teil noch stark übertroffen wird. Insofern lässt sich als Fahrlehrer inzwischen ein gutes Einkommen erzielen. Doch nicht nur das Geld ist ausschlaggebend. Ausreichend Urlaub, Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes, pünktliche Bezahlung, Anerkennung der Leistung, all das muss einen verlässlichen Arbeitgeber auszeichnen. Nur mit diesen Rahmenbedingungen lässt sich die Rückrufaktion aus These 3 erfolgreich gestalten.

5. Die “Ressource” Fahrlehrer schonen

Wir müssen lernen, jede einzelne Fahrstunde, die ein Fahrlehrer gibt, als wertvoll anzuerkennen und seine Arbeitsleistung nicht unnötig zu vergeuden. Im digitalen Zeitalter können zahlreiche Ausbildungsaufgaben an elektronische Helfer delegiert werden. Simulatoren, digitale Lernmedien und online-Lernplattformen, aber auch der Einsatz von Automatikfahrzeugen können den Fahrlehrer bei seiner Ausbildungstätigkeit unterstützen, so dass er sich auf die wesentlichen Aspekte seiner pädagogischen Arbeit konzentrieren kann. Das spart Geld, Zeit und Nerven auf beiden Seiten und sorgt dafür, dass die Ressource Fahrlehrer effizient eingesetzt wird. Durch die dank der Helfer eingesparten Stunden kann auch eine kleinere Anzahl an Fahrlehrern den gleichen Output erreichen und das sogar bei steigender Lebensqualität. Würde man im Durchschnitt nur zwei Stunden pro Ausbildung auf einem solchen Weg sparen, würde das bei rund einer Million Fahrerlaubnisprüfungen rund 800 Vollzeitfahrlehrerstellen entsprechen.   

6. Bundestagswahl nutzen 

Nach der Reform des Fahrlehrerrechts muss die Fahrlehrerschaft nun den Blick in der Gesellschaft dafür schärfen, dass in einem nächsten Schritt die Fahrausbildung reformiert gehört. Die Fahrschülerausbildungsordnung ist längst in die Jahre gekommen und wird den Anforderungen an eine moderne Ausbildung nicht mehr gerecht. Der Erwerb theoretischen Wissens findet mehr und mehr im Internet statt, die Fahrzeuge sind vielfältiger und funktionsreicher geworden, die Antriebsarten ändern sich, Autos übernehmen Stück für Stück Fahraufgaben und auch die Menschen, die wir ausbilden, sind längst keine homogene Gruppe mehr. Menschen in allen Altersstufen, aus aller Herren Länder mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen und sehr variablen Bildungshintergründen wollen heute eine Fahrerlaubnis erwerben. Starre Vorschriften hinsichtlich Art und Anzahl der besonderen Ausbildungsfahrten, eines auf “ortsfeste” Gebäude fixierten Unterrichts oder Prüfungsfahrten, die gedanklich auf Autos des letzten Jahrhunderts ablaufen, sind nicht mehr zeitgemäß. Wer daran etwas ändern will, muss aber jetzt mit dem “Trommeln” beginnen. Denn nur wenn unsere Thematik nach der Bundestagswahl auch im Koalitionsvertrag auftaucht, können wir darauf hoffen, dass auch in der nächsten Legislaturperiode etwas geschieht. Und mit etwas Geschick lässt sich damit einiges erreichen für unsere Fahrlehrerzukunft.

7. schwarze Schafe nicht einfach dulden

Für moderne Fahrschulen mit qualifiziertem Personal und einer echten Angestelltenkultur sind jedoch diejenigen Fahrschulen, die sich mit allerlei Mauscheleien, z.B. durch das Ignorieren wesentlicher Vorgaben des Fahrlehrerrechts oder durch das Fehlen einer ordnungsgemäßen Buchführung, durchmogeln nicht nur ein Ärgernis, sondern geradezu eine Beleidigung. Solche Fahrschulen produzieren nur Verlierer. Sie hintergehen den Staat, sie verzerren den Wettbewerb und im schlimmsten Fall gefährden sie ihre Fahrschüler mit einer qualitativ minderwertigen Ausbildung. Der ehrliche Kaufmann hat dadurch jedoch oft das Nachsehen und kann selbst gesteckte Ziele nicht verwirklichen. Wer ehrliche Preise, ehrliche Umsätze und ehrliche Fahrlehrer will, der muss auch die schwarzen Schafe bekämpfen. Nur so können Respekt und Achtung vor unserem Berufsstand wachsen, was dann auch neues Personal nach sich ziehen kann.   

Sicherlich wird man noch manches mehr finden, was wir tun können, um die Personalnot anzugehen. Ganz sicher gibt es keinen Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. Denn wenn wir uns anstrengen, werden wir auch genügend Menschen finden, die bereit sind, unserem vielfältigen und spannenden Beruf nachzugehen. Dafür braucht es nun aber in und außerhalb der Fahrlehrerschaft klare Signale und positive Botschaften. 

Sascha Fiek
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Autor

Gründer des Blogs Fahrlehrerwelt, Fahrlehrer aller Klassen und Geschäftsführer der ACADEMY Fahrschule Fiek GmbH in Freiburg. Er betreibt auch einen persönlichen Blog unter www.saschafiek.de.

Kommentare

  1. Ich kann mich an Zeiten erinnern in denen Fahlehrwr von den Arbeitsämtwrn auf stark umgeschult wurden. Das war vor ungefähr 10-15 Jahren. Damals hatten viele Fahrschulen nach Auskunft der Bz wirtschaftliche Probleme. Einige Fahrschulen haben geschlossen. Wo sind die ganzen Fahrlehrer hin? Ev. haben die sich andere Berufe gesucht. Ich frage; Wie konnte das so schnell umschwebken. Ht es eine Ruhestansswelle gegeben? Die Anzahl der Fahrschüler ist , denke ich, nicht signifikant gestiegen. Oder liege ich da falsch. Bevor sich ein junger Mensch hwute zu so einer teuren Ausbildung entschließtwird, wird er sich fragen, kimme ich damit noch bis zur Rente? Ein heute 40 jähriger wird diese Frage wohl mit Ja beantworten könen. Einem heute 22 Jährigen kann ich den Tip guten Gewissens nicht geben, da automatisiertes Fahren ev die klassischen Berufe im Kraftfahrtgewwrbe ablösen wird. Deshalb würde ich vorschlagen, zunächst nach versteckten Berufsträgern und Wiedereinsteigern zu suchen, die sich beruflich inzwischen umorientiert haben.

  2. Sehr schöner Beitrag Herr Fiek, sehe ich genauso. Vor allem unterstelle ich den meisten Fahrschulen in diesem Land eine gewisse Kurzsichtigkeit hinsichtlich der Gewinnung an neuem Fahrlehrernachwuchs. Jahre lang lief es wie in einem Selbstbedienungsladen, man konnte gute Fahrlehrer problemlos anwerben, man hat Empfehlungen und direkte Kontakte von den Ausbildungsstätten bezüglich der Anwärter bekommen, kurzum es war ein großer Pool vorhanden. Jetzt haben sich die Zeiten geändert und was bereits vor über zwanzig Jahren vorauszusehen war, ist heute eingetreten. Wir haben einen akuten Fahrlehrermangel. Zugegeben, ist unser Beruf für einen Außenstehenden nicht in jedem Fall sofort attraktiv und der Realschulabgänger kann auch nicht sofort einsteigen. Dennoch sollten vor allem aus diesem Grund, die Fahrschulen selbst ihre Zukunftsperspektive ins nähere Blickfeld rücken und rechtzeitig mit der Gewinnung von Nachwuchs für die eigenen Reihen beginnen. Leider sieht die Wirklichkeit ganz anders aus. Es wird nur der Nachschub an Auszubildenden organisiert und der Fahrlehrer bleib auf der Strecke. Vielleicht muss man auch einmal die Vielseitigkeit unseres Berufes darstellen, welche interessanten Facetten uns diese Tätigkeit bietet und die wertvolle Arbeit mit dem Menschen die wir täglich leisten. Der Beruf des Fahrlehrers ist vor allem innovativ, er erfordert ständig neue Herausforderungen im Umgang mit unseren Fahrschülern und den sich ständig ändernden Anforderungen an die Technik der Zukunft. Auch ist er gut geeignet für Berufsumsteiger, die aus branchenähnlichen Bereichen kommen und hier eine neue Herausforderung finden können. Vor allem muss man denjenigen Zweiflern und Pessimisten begegnen, die den Beruf des Fahrlehrers auf dem absterbenden Ast sehen und ihnen klar sagen, falsch gedacht, es ändern sich nur die Bedingungen und das Verhältnis Technik- Mensch.

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